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vierlaender paar
gemuese

vierlaender trachtVierländer Tracht um 1850 nach H. Jessen

bauernhausHistorisches Bauernhaus am Neuengammer Hausdeich

erdbeerfestDas Rieck Haus während eines der jährlichen Erdbeerfeste

kz gedenkstaette neuengammeKZ-Gedenkstätte in Neuengamme

Wissenswertes über die Vierlande

Im äußersten Südosten Hamburgs liegen die Vierlande, bestehend aus den Orten Kirchwerder, Neuengamme, Altengamme und Curslack. In dem rund 77 qkm großem Gebiet leben ca. 17000 Menschen. Die Bezeichnung Vierlande wird seit 1556 für das Gebiet der vier Kirchspiele verwendet. Die Bedeichung der sumpfigen Elbniederung und damit auch ihre Urbarmachung erfolgte seit dem 12. Jahrhundert. Aus Sumpfland wurde fruchtbares Gartenland - Grundlage des späteren Reichtums der Vierlande.

Die Bewohner waren freie Bauern. Zunächst unterstand das Gebiet den Herzögen von Sachsen-Lauenburg mit Heinrich dem Löwen als Stammvater. 1420 eroberten die Städte Hamburg und Lübeck gemeinschaftlich das Amt Bergedorf mit den Vierlanden. Bis 1868 blieb das Gebiet im beiderstädtischen Besitz. Seitdem ist Hamburg alleiniger Eigentümer. Dieser politische Sonderstatus führte dazu, dass sich in den Vierlanden eine eigene Kultur ausgeprägt hat.

Zunächst wurde in den Vierlanden hauptsächlich Getreide angebaut - auch Braugerste und Hopfen für die Hamburger Brauereien. Seit dem 18. Jahrhundert wurde der Blumen-, Obst- und Gemüsebau durch die Kätner intensiviert und die Produkte auf dem Hamburger Markt verkauft. Durch luxuriöse und exotische Waren wie Pfirsiche, Aprikosen, Erdbeeren (seit 1693), Blumen u.v.m. machten die Vierländer auf sich aufmerksam. Passend zu den Produkten trugen sie ihre aufwendige Tracht, die noch heute weithin bekannt ist und zu den bedeutendsten deutschen Volkstrachten gehört. Diese ausgefallene, farbenfrohe Tracht war in Hamburg Markenzeichen für gute Qualität. Sie entstand um 1750 und wurde auf dem Markt bis ins 20. Jhd. hinein getragen. Heute halten zwei Trachtengruppen die Tracht als Kulturgut in Ehre.

Als weiteres Kulturgut aus den Vierlanden sind die Intarsien bekannt. Im 16. Jhd. wurde diese Kunst von wandernden Handwerkern aus Italien eingeführt. In den Vierlanden hat sich diese Kunst besonders entwickelt. Typische Formen und Motive haben sich gebildet und in überdurchschnittlich vielen Haushalten finden sich noch heute mit Intarsien geschmückte Möbelstücke wie Stühle, Truhen, Schränke usw. Die Gestühle in den Vierländer Kirchen sind ebenfalls mit Intarsien geschmückt. Zur Blütezeit der Intarsienkunst in den Vierlanden im 18. und 19. Jhd. gab es zeitweilig 25 Werkstätten, die sich auf das Handwerk verstanden. Heute gibt es noch zwei hauptberufliche Intarsientischler in den Vierlanden, die die überlieferten Motive beibehalten.

Die Hufnerhäuser und Katen repräsentieren den Reichtum der Vierländer ebenfalls. Die Hufnerhäuser sind niederdeutsche Fachhallenhäuser bei denen Wohn- und Wirtschaftsteil unter einem Dach sind. Der Wohnteil lag in der Regel dem Deich zugewandt und war durch das Flett - eine Querdiele auf der sich der hauswirtschaftliche Bereich abspielte - vom Wirtschaftsteil getrennt. Es handelt sich um reetgedeckte Fachwerkhäuser, oft mit Balkenverzierungen, Ziegelmustern und Kratzputzfeldern. In den Verzierungen standen die Katen den Hufnerhäusern kaum nach. Dadurch zeigt sich schon, daß die Standesunterschiede zwischen Hufnern und Kätnern fließend waren. Tatsächlich hatten sie ein ähnlich hohes Einkommen denn die Kätner waren es, die den Blumen- und Gemüseanbau betrieben und auf dem Hamburger Markt große Gewinne erzielten. Zahlreiche historische Hufnerhäuser und Katen sind heute noch erhalten und säumen die Deiche. Z. T. geht ihr Alter bis ins 16. Jhd. zurück. Mit dem Freilichtmuseum Rieckhaus in Curslack (siehe auch Sehenswertes) ist ein Hufnerhaus mit Zubehör als Außenstelle des Altonaer Museums zu besichtigen.

Als außergewöhnlicher Beruf ist für die Vierlande der Blutegelhändler "Ihlenfänger" überliefert, der von Kätnern ausgeübt wurde. Sie holten Blutegel aus Rußland um sie in Hamburg an Aufkäufer und Apotheker zu verkaufen. Bis zu ihrem Verkauf wurden die Blutegel in den Vierlanden in abgeteilten Gräben gehalten.

Der Warentransport zum Hamburger Markt erfolgte früher nahezu ausschließlich über den Wasserweg. Erst seit Berginn des 20. Jahrhunderts erfolgte allmählich eine verkehrstechnische Erschließung. 1912 wurde die Vierländer Eisenbahn von Bergedorf bis Zollenspieker gebaut. 1921 folgte die Marschbahn zwischen Geesthacht und Fünfhausen (1926 weiter bis Billbrook). In der Folgezeit folgte der Ausbau des Straßennetzes, so dass der Personenverkehr beider Bahnlinien zwischen 1950 und 53 bereits wieder eingestellt wurde. Die alten Bahndämme dienen heute als Rad- und Spazierwege der Freizeitgestaltung.

Auch das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte hat in den Vierlanden seine Spuren hinterlassen. In Neuengamme am Jean-Dolidier-Weg findet man die KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Zwischen 1938 und 1945 waren ca. 106.000 Menschen aus ganz Europa im KZ-Neuengamme und seinen Außenlagern inhaftiert - Widerständler, Oppositionelle, Juden, Glaubensverfolgte, Homosexuelle, Kriegsgefangene. Zunächst wurden sie zur Klinkerproduktion für NS-Bauprojekte eingesetzt - ab 1942 auch für Arbeiten in Rüstungsbetrieben und Außenlagern des KZs. Rund die Hälfte aller Häftlinge aus Neuengamme kamen um. Heute kann das Gelände des ehemaligen KZs über einen Rundweg besichtigt werden - ein Dokumentenhaus zeigt Bilder, Dokumente, Video-Interviews und Filmausschnitte. Im "Haus des Gedenkens" findet man ein historisches Lagermodell sowie Totenbücher und eine lange Liste mit den Namen der Opfer.

  Kirchwerder Neuengamme Curslack Altengamme
Fläche 32,4 18,6 10,6 15,6
Bevölkerung 8642 3364 2828 2096
Einwohner / qm 267 181 266 134
Wohngebäude 3297 1328 1110 816